top of page

Mein Australian Diary, Tag 14

  • Autorenbild: Victoria Sammet
    Victoria Sammet
  • 6. Nov. 2018
  • 4 Min. Lesezeit

Woche zwei. Seit genau zwei Wochen bin ich nun nicht mehr zu Hause. Seit genau acht Tagen sitze ich hier auf der Farm mitten im Nirgendwo, und wenn ich vor ein paar Wochen noch dachte, ich könnte nicht abgelegener wohnen als in Deutschland, dann.....kann ich mich nur bei mir selbst entschuldigen. Keine Nachbarn, keine Familie, nur Greg und ich. Oh, und seine "Crew", die sich angeblich auf mich gefreut hatte, bevor ich angekommen bin. Nun, es hat sich herausgestellt, diese "Crew" sind seine vier Hunde, seine paar Dutzend Hühner und (ich denke es waren 85?) Pferde, von denen gut ein paar gezüchtete Rennpferde sind. Und obwohl ich schon acht Tage hier bin, bin ich bis jetzt nur ein Mal geritten. Dabei war das Angebot definitiv eine Rennpferde-Farm. Nun ja. Wenigstens hatte ich ein kurzes Rennen auf einem Rennpferd, lasst uns doch die Sonnenseiten des Lebens betrachten, nicht?

Ansonsten ist es recht langweilig hier. Aber machen wir es so: Ich bleibe beim Schema des Erörterns, zähle erst alle negativen Dinge und dann alle positiven auf. Denn unsere eigene Meinung soll den anderen ja im Kopf bleiben, und ich will diese Erfahrung als etwas Positives betrachten.


Also, das größte Minus ist wohl die Lage meines momentanen Wohnortes. Inmitten von Bergen und kahlen Wäldern, mit ungelogen dreißigfacher Population an Kängurus als an Menschen, als einziges einsames Haus am Arsch Australiens, 100km von der nächsten Ortschaft entfernt und alleine mit einem älteren, netten Herrn auf einem Feld mit täglichen 35°C wohne ich wie ein Mönch. Mein Tag beginnt mit derselben langweiligen Routine, jeden Morgen. Hühner, Pferde und Hunde füttern, Eier suchen (weil die Hühner hier anscheinend nie was von Stammplatz gehört haben), Hundescheiße einsammeln, Erdbeeren gießen und Wasser auffüllen. Manchmal kommen exotische Dinge hinzu, wie Rasen mähen um die Klapperschlangen auch rechtzeitig zu sehen und natürlich der alte Klassiker, Kängurus häuten und auseinandernehmen, damit die Hunde auch ihr leckeres Mittagessen bekommen und wir einen weiteren Teller leckerer Känguruschwanzsuppe genießen können. Wir waren schon ganze drei Male Kängurus schießen in diesen acht Tagen! Ich denke, es ist wohl wichtig zu erwähnen, dass hier eine Überpopulation an Kängurus herrscht und der Staat darum bittet, dass Farmer Kängurus jagen, um das wieder in den Griff zu bekommen. Es werden auch 'nur' Männchen erschossen, um bloß keine Jünglinge zu erschießen. Trotzdem musste ich jedes Mal dabei sein, und heute hatte Greg wirklich den Nerv, mir ein Känguru mit weggeblasenem Gehirn zu zeigen? Nur weil ich nicht gucken wollte, weil ich dieses Tier noch im Gras zucken gehört hatte. Klar, er wollte mich aufklären und mir sagen, dass das Känguru nicht mehr lebt sondern die Nerven noch zucken, aber mir dann diesen halb weggefetzten Kopf durchs Fenster zu halten war echt nicht nötig. Wenigstens erlegt er sie mit einem Kopfschuss. Gregs Kumpel hat es doch echt geschafft, etwas anderes an einem Känguru anzuschießen und dann dabei zuzusehen, wie es versucht hat, über den Boden von uns weg zu kriechen, und anstatt es dann zu erschießen, hat er eine Weile zugesehen und es dann mit einem Messer beendet. Ich saß wie ein heulendes Wrack im Auto. Es ist echt widerlich. Verrückt ist aber auch, wie viele Känguruknochen überall rumliegen. Oder von Tieren angefallene halb aufgefressene Kängurus. Oder- Ach ne, es war widerlich genug für heute. Und dann dieses ganze, stundenlange Fahren, um auch alle Felder Tag für Tag abzuarbeiten, nur um sicherzugehen, dass es auch allen Pferden gut geht. Und alle 10 Minuten aus dem Auto zu steigen, um die ganzen Tore auf den Feldern zu öffnen, damit Greg durchfahren kann. Und es ist jeden Tag dasselbe. Und es ist einsam. Und lasst uns nicht das Heimweh vergessen. Verdammt, wenn irgendjemand von euch jemals wegfährt, macht euch auf das Heimweh gefasst. Ich hatte vorher nie damit zu kämpfen, und doch will ich nach zwei Wochen nichts mehr als nach Hause zu fahren (was vielleicht auch an dieser Farm liegt, wer weiß). Vielleicht ist es auch der Fakt, dass ich noch weitere Monate in diesen kahlen Zimmern mit Bett und Schließfach und nichts weiter schlafen muss. Man beginnt, diese Kleinigkeiten und Details Zuhause zu vermissen und zu schätzen. Ach, was soll's. Ich habe wenigstens immer mein Hobby bei mir. Mein Tablet und die Lust, Geschichten zu erschaffen und niederzuschreiben.

Aber kommen wir doch zu den positiven Dingen des Farmlebens. Ich habe einen kostenlosen Schlafplatz mit kostenlosem leckerem Essen und bis jetzt einigen neuen Rezepten und Ideen, was ich kochen könnte. Ich habe vier Hunde zum kuscheln, die alle sehr liebevoll sind, von denen einer ein halber Pitbull und ein anderer ein drittel Shar Pei sind (zwei meiner liebsten Hunderassen). Ich darf mit Pferden arbeiten, sie füttern und streicheln und hin und wieder auch mal reiten. Ich lerne das australische Farmleben kennen, was ich so oder so unbedingt wollte. Greg ist nett und gibt sich Mühe, dass ich mich hier wohl fühle. Ich arbeite wenig für viele Vorteile, die ich durch das Wwoofing so bekomme und ich darf mir nachts einen Hund mit ins Bett nehmen zum kuscheln, wodurch man sich direkt sicherer und besser fühlt, auch was das Heimweh betrifft.

Es ist zwar nicht viel, aber es ist vollkommen ausreichend, um kostengünstig meine Zeit zu vertreiben, bevor am 25. November meine Ostküstentour durch Australien beginnt, von daher sollte ich die zeit wohl wirklich hier absitzen und das beste aus dieser Situation machen in der ich mich befinde. Denn besser wird es in der Stadt auch nicht, wenn ich alles bezahlen muss, nur um vor mich hin zu gammeln und zu warten. Ich bin hier zum Erfahrungen sammeln und ich hoffe echt, dass ich das alles im Laufe der nächsten Tage und Wochen besser schätzen kann als jetzt, denn immerhin habe ich auch in den letzten acht Tagen kleine Fortschritte gemacht.


Und das war's wohl fürs Erste. Ein kleines (langes) Update für euch! Ich melde mich bald wieder! (Bilder gibt's beim nächsten Update)


Bis zum nächsten Mal!

Vicky







Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
Mein Australian Diary, Tag 30

Donnerstag, der 22.11.2018 Es gibt Momente, da fühlt man sich frei. Einfach endlos, grenzenlos frei als würde man fliegen. Man fühlt den...

 
 
 
Mein Australian Diary, Tag 20

Montag, 12.11.2018 Hallo da draußen! Ich konnte es doch nicht sein lassen, einen weiteren Eintrag zu erstellen, nur 6 Tage nach dem...

 
 
 
Mein Australian Diary, Tag 6

Der Start ins Abenteuer. Entgegen aller Erwartungen entstand an Tag 0 im Flugzeug kein Eintrag auf diesem Blog. Der Flug war ermüdend,...

 
 
 

Comentários


About Me
Snapchat-49626565.jpg

Ich bin eine 18-jährige Abiturientin, die ihr freies Jahr zwischen Schule und Studium überbrücken und dabei ihren Horizont erweitern möchte. Schon immer bin ich gerne gereist und hab gerne neue Orte entdeckt und Kulturen kennengelernt. Und somit bin ich auf meine Reise nach Australien, ins Land Down Under, gestoßen.

Read more

 

© 2018 by Victoria Sammet

  • White Facebook Icon
  • Weiß Snapchat Icon
bottom of page